Tag 15: Von Hainburg an der Donau nach Čunovo – 32,6 km – 3:40 Stunden – 6.746 Paddelschläge

03.08.2017. Zwischen 2010 und 2012 fand eine Untersuchung der Ufergebiete zwischen Wien und Bratislava statt. Die Wiener Forscher berichteten im Fachmagazin Environmental Pollution folgendes Ergebnis: In der Donau treiben mehr Plastikpartikel als Fischlarven, zwar nicht überall, aber zumindest an einigen Stellen. Ernüchternd. Nach einer Prognose transportiert die Donau täglich rund 4,2 Tonnen Plastikmüll ins Schwarze Meer. Von den weltweit jährlich über 200 Millionen Tonnen produzierten Kunststoff landen rund sechs bis 26 Millionen Tonnen im Meer. Ein Großteil davon, vermutlich bis zu 80%, landen dabei auf dem Meeresboden. Sehr bedenkliche Resultate! Umso mehr ein Grund, dass Pascal mit seiner Mission mehr Aufmerksamkeit für die Wasserlandschaften bei den Menschen schafft.

Pascal startete bei heißen Temperaturen seine heutige Tour gegen 10 Uhr. Kurz nach seinem Start erreichte er die Porta Hungarica. Die Donau trennt hier die von Nordosten aufkommenden kleinen Karpaten vom Leithagebirge im Süden. Der obere Donauraum neigt sich hier dem Ende entgegen, und damit der deutschsprachige Raum. Tschüss Österreich! Nach zwei Wochen Paddeln erreichte Pascal an dieser Stelle die Slowakei. Das wirkliche Abenteuer für Pascal beginnt jetzt.

Im Grenzgebiet zur Slowakei bei Devin spendet die March, der Hauptfluss Mährens, nochmal zusätzliches Wasser. Sie hat bis hierhin rund 350 Kilometer hinter sich gebracht. Der mittlere Donaulauf beginnt. Es gibt hier einige Unterschiede zum oberen Donaulauf: Es kommt wesentlich häufiger zu Teilungen bis hin zu vielen Verästelungen der Donau. Für Pascal heißt das in den kommenden Wochen: gut navigieren. Hinzu kommt leider eine klare Verschlechterung der Wasserqualität, vor allem durch das Einfließen ungefilterter Abwässer und dem verstärkten Einsatz von chemischen Mitteln in der Landwirtschaft.

Die Slowakei ist noch ein junges Land. Insgesamt wird Pascal in den nächsten Tagen rund 180 Kilometer durch das kleine Land im Herzen Europas paddeln. Nach der Grenze passierte Pascal die Burgruine von Devin, in der die Slowaken die Wurzeln ihrer slawischen Nation sehen und die heute ein Nationaldenkmal ist. Die Burg wurde 1809 durch napoleonische Truppen gesprengt.

Kurz vor Bratislava traf er auf Michi in seinem gelben Kajak – eine nette Geschichte, denn auch Michi paddelt bis ins Schwarze Meer. In Ulm ist er aufgebrochen. Wahrscheinlich werden sich die beiden noch das ein oder andere Mal begegnen.

Gegen 11:30 Uhr erreichte Pascal die zweite von vier Hauptstädten seiner Reise – Bratislava, historisch besser als Preßburg (deutsch) oder Pozsony (ungarisch) bekannt. Die verschiedenen Namen deuten schon das Schicksal des slowakischen Volkes an, das lange Zeit von anderen beherrscht wurde. Part des Großmährischen Reiches, zwei Jahrhunderte Hauptstadt des ungarischen Reiches, auch die Habsburger kamen, die Deutschen nicht zu verschweigen – eine spannende, vor allem aber wechselhafte Geschichte. Für Pascal ist es das erste Mal in dieser Stadt, die bekannt ist für ihre Burg. Er machte hier seinen ersten Tagesstop und genoss vom Donauufer aus den Blick auf den imposanten Hrad. Er spürte aber, dass er von großen Städten erstmal genug hat. Pascal möchte auf seiner Reise lieber die Schönheit und Ruhe der Natur genießen, und so zog er weiter.

Kurz nach Bratislava zweigt dann am linken Ufer (stromabwärts sehend) ein Seitenarm, die „Kleine Donau“, von der Donau ab, mündet später in die Waag (die „Waager Donau“), die bei Komárno wiederum in die Donau mündet, und bildet mit ihr die „Große Schüttinsel“ – mit 87 Kilometern Länge und 25 Kilometern Breite die größte Flussinsel Europas. Sie hat einer der größten Grundwasserspeicher Europas, verfügt über rund 500 kleine Inseln und gilt seit 1978 als Wasserschutzgebiet.

Anschließend öffnet sich wenig später dann der Gabčíkovo-Stausee mit dem größten Wasserkraftwerk der Slowakei, das rund 11% des nationalen Energiebedarfs deckt. Der Fluß wird hier deutlich breiter, die Strömung lässt nach.

Gegen 14 Uhr erreichte Pascal sein Tagesziel Čunovo, das direkt an der großen Schleuse des Stausees liegt. Den Nachmittag verbrachte Pascal im Danubiana Meulensteen Art Museum in Čunovo. Es hat eine einzigartige Lage – mitten im Dreiländereck und ideal eingebettet in Natur und Flusslandschaft. Das Museum wurde von einem Niederländer und einem Slowaken gegründet und ist Ausstellungort renommierter nationaler und internationaler Künstler. Die Kunstwerke stellen einen wunderbaren Kontrast zur Flora und Fauna der Umgebung her. Pascal war schlichtweg begeistert.

In Čunovo gibt es auch noch ein großes Wassersportzentrum, unter anderem mit Surfwelle und professionellem Kanu-Parcours. 2011 fanden hier die Kanuslalom-Weltmeisterschaften statt. Pascal schaute am Nachmittag entspannt dem Treiben zu. Den Abend möchte er nun entspannen und Kraft tanken für die morgige Etappe, die seine bisher längste werden wird.

Um nochmal zurück zur oben genannten Studie zu kommen: Bei etwa 80 Prozent des Kunststoffes, der im Wasser landet, handelt es sich um kleinformatigen Plastikmüll – Kügelchen, Pellets und andere Kleinstteile. Die Fische erkennen den Kunststoff nicht, sie halten ihn für Insekten oder Larven und verspeisen ihn. Bei den Fischen kann es so zu einem vorgetäuschten Sättigungsgefühl oder Verletzungen des Darms kommen und letztlich auch zum Tod führen. Die Schadstoffe aus den Plastikteilen gelangen dadurch auch in unsere Nahrungskette – mit anderen Worten: Wir essen praktisch unseren eigenen Plastikmüll. Bon Appetit!

Morgen paddelt Pascal zunächst weiter durch die alte Donau. Den Kanal lässt er links liegen. Sein Tagesziel lautet Gönyü auf der ungarischen Seite der Donau – eine Etappe von rund 60 Kilometern. TF

PS: Die Studie zu den Uferbereichen zwischen Wien und Bratislava ist unter folgendem Link einsehbar: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0269749114000475. Interessant ist auch folgendes Ergebnis: 2013 fanden deutsche Wissenschaftler im Uferbereich des Gardasees, eines unserer Lieblingsreiseziele, genauso viel Plastikmüll wie sonst an Meeresstränden – und das ohne Mündung großer Flüsse, angeschlossene Großindustrie oder bedeutende Containerhäfen.