Tag 18: Von Komárno nach Esztergom – 50,8 km – 6:30 Stunden – 10.695 Paddelschläge

06.08.2017. Schlechte Nachrichten aus Russland und Polen. Beide Länder sind verwüstet. Die Feinde rücken näher. Muhi und Pest sind schon verloren. Thomas von Spalato, ein Chronist, schreibt: „Das Wasser der Donau war weit und breit vom Blut der Menschen rot.“ Noch versperrt die Donau den Weg. Aber dann wird Winter. Das Jahr 1242 bricht an. Die Donau friert zu. Man versucht das Eis aufzuschlagen. Es nützt nichts. Die Mongolen mit ihrem Anführer Batu, dem Nachfolger Dschingis Khans, sie überschreiten in diesem Winter die zugefrorene Donau. Und sie machen Esztergom, der damalige Hauptsitz des Königs und Primat von Ungarn, dem Erdboden gleich. „Hungaria hörte nach 300-jährigem Bestehen auf zu sein.“

Esztergom, zu Deutsch Gran, das „ungarische Rom“, war das heutige Tagesziel von Pascal – ein historischer Höhepunkt seiner Reise. Zunächst hieß es aber erstmal eine lange Etappe von über 50 Kilometern hinter sich zu bringen. Pascal startete gegen 9 Uhr seine heutige Tour, nachdem ihm der Wachmann der Industrieanlage – wie bereits gestern schon – erneut passieren ließ. Der Inhaber der Unterkunft, Silbermedaillengewinner im 4er Kajak bei den Olympischen Spielen, wie Pascal in Erfahrung bringen konnte, tauchte leider nicht mehr auf.

Die ersten zehn Kilometer verliefen für Pascal heute eher zäh. Die Donau wurde breiter und die Strömung geringer – eine eher monotone Passage. Er fragte sich öfters am Anfang, wie viele Kilometer es noch bis zum Tagesziel wohl seien. Aber wie es nun mal so ist bei Ausdauersportarten, nach einer gewissen Zeit findet man seinen Rhythmus und die Motivation bessert sich. Und so ging es auch Pascal. Ein leichter seitlicher Rückenwind unterstütze ihm beim Vorankommen, allerdings paddelte er dadurch heute etwas mehr auf der rechten Seite seines SUPs.

Kurz nach Komárno mündet die Waag und spendet der Donau zusätzliches Wasser. Die Waag entspringt in der hohen Tatra und hat bis zur Donaumündung rund 400 Kilometer zurückgelegt. Auch in die Waag hat der Mensch intensiv eingriffen, rund 80% des Flusslaufes sind reguliert.

Nach 20 Kilometern machte Pascal seine erste Pause, an einer eher unspektakulären Stelle. Mit Blick nach vorn, stromabwärts, deuteten sich im Hintergrund allerdings schon die ersten Hügel der Visegráder Berge auf. Das verspricht zumindest für die morgige Etappe schon mal eine abwechslungsreichere Flusslandschaft. Später entspannte er nochmal ein wenig bei seinem zweiten Tagesstop.

Kurz vor dem Tagesziel erreichte Pascal das Ende der Slowakei. Ein wirkliches Fazit mochte er nicht ziehen, da er einfach zu wenig vom Land gesehen hat und zu wenig mit Einheimischen ins Gespräch kam. Dennoch war er sehr angetan von den in der Regel naturüberlassenen Uferbereichen, die er hier häufiger sah als in Deutschland und Österreich. Nachdem die Donau für rund 150 Kilometer der natürliche Grenzverlauf war und Pascal von Zeit zu Zeit auch auf der ungarischen Flussseite paddelte und bereits in Gönyü, auf der ungarischen Seite, übernachtete, kommt er jetzt so richtig in Ungarn an. Ahoj, Slowakei!

Pünktlich vor dem aufkommenden Gewitter erreichte Pascal schließlich gegen 15:30 das Tagesziel Esztergom. In einem Café am Dom lässt er bei heißer Schokolade den heutigen Tag Revue passieren – auch wenn der Kellner ihn aufgrund der Getränkewahl etwas schief anschaute. Vielleicht verständlich, immerhin hat es heute in Esztergom um die 30 Grad. Für Pascal heißt es aber nach so langen Etappen ausreichend Kohlenhydrate zu sich zu nehmen. Da hilft eine heiße Schokolade definitiv. Den Abend möchte er entspannen und mit etwas „Carboloading“ den Grundstein für eine erfolgreiche morgige Etappe legen. Bisher ist Pascal bereits über 700 Kilometer gepaddelt – er hat dafür mehr als 100 Stunden auf dem Board gestanden und schon über 160.000 Paddelschläge getätigt. Chapeau!

Budapest übrigens, das noch kommt, vielleicht wäre es nur ein kleiner, unbedeutender Ort, eine Randnotiz auf Pascals Reise gewesen, hätten die Mongolen nicht Esztergom zerstört. Denn dadurch wurde Ofen, der Vorläufer von Budapest, zum neuen Königssitz. Die Mongolen, sie zogen, vermutlich von inneren Querelen in den heimatlichen Gefilden geschwächt, wieder ab – es war nur ein kurzes, aber furchtbares Intermezzo im Donauraum. Fürst Reza ritt einst aus den weiten Steppen Russlands ein, und bestimmte Esztergom zu seiner Residenz. Sein Sohn Stephan I., Begründer des Magyarentums und Nationalheiliger, wurde hier 1000/01 zum ersten ungarischen König gekrönt. Aus Rom wurde die „Stephanskrone“ geschickt – das ungarische Nationalheiligtum schlechthin. Esztergom, mit dem Marien-Dom hoch über dem Fluss und dem Königspalast, ist eine schöne Stadt, die eine reichhaltige Geschichte hat und zum Verweilen einlädt. Das Altarbild des Doms mit der Darstellung der Mariä Aufnahme in den Himmel ist das größte Gemälde auf der Welt, das auf einem einzigen Stück Leinwand geschaffen wurde. Es misst 13,5 mal 6,5 Meter!

Morgen geht es für Pascal weiter nach Vác, die nächste kleine Donauperle auf dem Weg nach Budapest. TF