Tag 20: Von Vác nach Budapest – 32,6 km – 3:50 Stunden – 7.482 Paddelschläge – Gesamtkilometerstand: 796,5 km

08.08.2017. Tram-Station Szent Gellert. Aussteigen. Anschließend über die Kemenes utca, vorbei an dem einen Bad, das vorher berühmt, durch die Ergo berüchtigt wurde. Weiter dann über asphaltierte Pfade den Berg voran. Erste kleine Ausblicke lassen erahnen, was kommt. Es ist heiß. Es geht weiter steil bergan. Treppen. Schweiß tropft von der Stirn. Dann endlich, die Freiheitsstatue, hoch oben auf dem Berg. Das Zeichen für die Befreiung durch die rote Armee. Ziel erreicht. Ein Kiosk. Der Aufstieg hat durstig gemacht. Eiskaltes Dreher aus der Dose. Erfrischend. Dann aber schnell rüber zur Brüstung. Und dann endlich, der Ausblick. Er ist einfach nur umwerfend. Sensationell. Es fehlen die Worte. Links unterhalb die berühmte Burg, gleich dahinter die Fischerbastei mit ihren konischen Türmchen. Der Blick geht rüber auf die andere Seite. Die Stephans-Basilika mit ihrem goldenen, prunkvollen Interieur, weiter hinten das neogotische Parlament, das Wahrzeichen schlechthin. Dazwischen die Donau, breit, massiv, in ihrem graublauen Schimmer. Darüber die Kettenbrücke gespannt, angeblich gebaut damit der Bauherr seine Freundin auf der anderen Seite öfters besuchen konnte. Was für eine Stadt. Paris des Ostens. Inkarnation des ungarischen Nationalstolzes. Die wahre Donaumetropole. Budapest!

Aber der Reihe nach. Zunächst hieß es erstmal rund 32 Kilometer Paddeln für Pascal, bevor er eines der absoluten Reisehighlights seiner Donaumission erreichte. Nach Verabschiedung vom netten Gastwirt in Vác, der sich auf Pascals SUP verewigte, brach er heute gegen 10:10 Uhr auf. Auffällig war, und das bemerkte Pascal schon auf seinem Weg durch die Slowakei, dass er im Vergleich zu Deutschland und Österreich auf wesentlich weniger Stauwehre traf. Dies hat für ihn zwei wesentliche Vorteile. Erstens: das Wasser wird weniger zurück gestaut, dadurch bleibt die Strömung besser erhalten. Und zweitens: Pascal kann einfach durch paddeln. Er muss nicht aus dem Wasser aussteigen und sein SUP und das Gepäck über oftmals mehrere 100 Meter tragen. Dies spart ihm wichtige Körner.

Seine erste Pause machte Pascal nach rund 15 Kilometern. Im Westen der Donau befinden sich noch einige Hügellandschaften im Blickfeld. Dort befindet sich auch die Künstlerstadt Szentendre – auch so eine Donauperle, von der Margris sprach: „Szentendre ist ein Montmartre der Donau, die Farben der Häuser und der auf der Straße ausgestellten Bilder vermischen sich mit denen des Flusses, eine leichte dahinfließende Ausgelassenheit umfängt den Flaneur und begleitet ihn entlang der malerischen Gäßchen, die sanft zum Ufer hinabführen.“ Serben und andere Balkanvölker flüchteten einst vor den Osmanen hierher. Ein lohnenswertes Ausflugsziel. Östlich der Donau existieren dann nur noch flache, endlose Ebenen – das pannonische Tiefland.

Gegen 13 Uhr erreichte Pascal dann die Vorläufer von Budapest. Die Donau nimmt hier deutlich an Breite zu – zum Teil bis zu 630 Meter im Raum Budapest. Das Wasser wurde deutlich dreckiger, immer mehr Ausflugsboote kamen ihm entgegen, erhöhte Aufmerksamkeit war nun von Nöten.

Zunächst mündet der westliche Donauarm wieder in die Fahrrinne, auf der Pascal unterwegs war. Danach folgt die erste Insel, die Hajógyári-Sziget-Insel. Sie ist vor allem für das Sziget-Festival bekannt, eines der größten Musikfestivals der Welt, das jährlich rund 400.000 Besucher anzieht. Direkt daneben, auf der westlichen Seite, liegt Aquincum, die alte römische Stadt und Vorläufer des heutigen Budapests. Das Gebiet wurde um 430 nach Christus von den Römern aufgegeben und von den Hunnen übernommen. Die römischen Stätten sind gut erhalten und lohnen für einen Besuch.

Darauf folgte die Margeriteninsel, die Donau spaltet sich hier nochmals für rund drei Kilometer. Die Insel ist heute ein schöner Park mit alten Klosterruinen und Biergärten. Die Tochter von König Bela IV. war hier im Kloster. Es war ein Versprechen, dass eines seiner vielen Kinder Nonne werden würde, sollten die Tartaren ihn nicht besiegen. Gesagt, getan. Margerite ist der Namensspender der kleinen Insel.

Dann ging es vorbei am Parlament, ein beeindruckender Anblick von der Donau aus. Es umfasst eine Länge von knapp 270 Metern und liegt direkt am Ufer. Westminster in London diente dem Bau als Vorbild. Der Erbauer konnte das fertige Werk nie betrachten, da er zuvor erblindete – welch Tragik. Für Pascal war es ein surreales Erlebnis. „Da bist Du die ganze Zeit in ruhiger Natur, du siehst keine Menschenseele, und plötzlich bist du mitten in der Stadt.“ Immer mehr Schiffe sind nun unterwegs, auf den letzten Metern jetzt nur keine Fehler mehr machen.

Schließlich erreichte dann Pascal sein Tagesziel um 14 Uhr. Knapp 180.000 Paddelschläge und 113 Stunden auf dem SUP hat er auf einer Strecke von 796 Kilometer in knapp drei Wochen bis Budapest gebraucht. Von München hat Pascal bis hierher ein Gefälle von 418 Höhenmetern hinter sich gelassen. Und das hat Folgen, Budapest liegt nämlich nur noch auf einer Höhe von 102 Metern über dem Meer. Das heißt nichts Gutes für die restlichen rund 1.700 Kilometer bis zum Schwarzen Meer.

Aber was war das für eine spektakuläre Ankunft, durch große Ausflugsdampfer manövrierend, ging es zur Kaimauer und dann als Ausgang vom Fluss die Treppen hoch, die direkt neben der historischen Kettenbrücke zur Innenstadt führen. Laszlo von Fanatic und Lukas Batthyany, ein alter Weggefährte aus früheren Zeiten, empfingen ihn. Zusammen schossen sie einige Fotos vor dem Denkmal von Frerenc Deák, einem ungarischen Politiker, der für den Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn 1867 sorgte. In der Hanfernen ging es dann zusammen auf eine heiße Schokolade und süße, ungarische Spezialitäten. Die Gespräche drehten sich um die ungarische Kultur und Politik, und natürlich die Natur. Lukas hatte Pascal seit 15 Jahren nicht mehr gesehen, mit seinem Bruder bestanden früher geschäftliche Beziehungen. Der Name Batthyany, ein altes Adelsgeschlecht, hat in Ungarn eine lange Historie.

Den Abend möchte Pascal bei der Großmutter einer Jugendfreundin verbringen. Sie heißt Bulu und lebt in Budapest. Der Großvater war damals ein renommierter Fischzüchter in der Gegend. Die Familie hat auch eine Fischzucht in Mindelaltheim (mittlerweile in dritter Generation), bei der Pascal regelmäßig ausgeholfen hat. Tausende Graskarpfen sind damals durch seine Hände gegangen. Wie es die Tradition will, wird es heute vielleicht eine ungarische Fischsuppe geben: Halászlé – ein purer Genuss. Schauen wir mal, was die Großmutter kredenzt.

Der Berg übrigens, von dem oben die Rede war, den Pascal aufgrund der anstrengenden letzten Tage natürlich nicht in Angriff nahm, ist der berühmte Gellértberg. Er wurde nach Giorgio di Sagredo, dem Heiligen Gellért benannt, der von diesem Berg zu Tode gestürzt wurde. Der Legende nach wurde er in ein Fass gestopft, das voll von Nägeln war, dann den Berg hinab gerollt und letztendlich in der Donau ertränkt. Mal wieder der Tod in der Donau. Es geschah während eines Heidenaufstands, denn Heiden waren die Magyaren einst. Gellért spielte eine wichtige Rolle bei der Bekehrung und Christianisierung in Ungarn und Siebenbürgen. Auch durch seine Tätigkeit ist Ungarn heute ein vorwiegend katholisch geprägtes Land.

Morgen geht es dann weiter nach Ráckeve, ein kleiner, beschaulicher Ort im Süden von Budapest. TF

PS I: Danke für den Kommentar von Wolfgang zum gestrigen Eintrag. Wir werden ab jetzt in der Überschrift immer den Gesamtkilometerstand mit aufführen.

PS II: Eine kleine Erinnerung: Wir haben auch ein Gewinnspiel mit tollen Preisen: https://pure-water-for-generations.com/gewinnspiel/. Wir freuen uns über eine rege Teilnahme. Jede Woche gibt es neue Preise zu gewinnen. Die Ziehung der Gewinner erfolgt immer freitags 12 Uhr. Am besten noch schnell für diese Woche anmelden.

PS III: Ich gestehe, dass es mir beim Verfassen des heutigen Eintrages nicht ganz leicht viel, neutral zu bleiben. Budapest gehört zu meinen absoluten Lieblingsreisestätten. Wer noch nie da war, dem sei es als Wochenendausflug empfohlen. Für die Jüngeren unter Euch: Ab in die Ruinenbars – es lohnt sich.