Tag 40: Von Berzasca nach Dubova – 49,5 km – 7:35 Stunden – 13.547 Paddelschläge – Gesamtkilometerstand: 1.489,5 km
28.08.2017. Die rumänische Donau, sie ist der längste Abschnitt des Donauverlaufes, den ein Donau-Anrainerstaat für sich vereinnahmen kann. Sie erstreckt sich über 1.075 Kilometer, stellt zunächst die natürliche Grenze zwischen Serbien und Rumänien dar, später für lange Zeit die bulgarisch-rumänische Grenze, touchiert Moldawien und die Ukraine, um anschließend im Schwarzen Meer zu münden. Das Eiserne Tor stellt den Auftakt der rumänischen Donau dar, danach geht sie in die Weiten der walachischen Tiefebene über und verläuft immer gen Osten. Die Hügel der Dobrudscha drängen sie später in nordöstliche Richtung ab. Es ist ein spannender Verlauf, der aber auch seine Tücken für Pascal haben wird. Bis zum Schwarzen Meer sind nicht mehr als 50 Höhenmeter zu überwinden, und nach dem Eisernen Tor gewinnt die Donau wieder deutlich an Breite.
Pascal startete gegen 9:50 Uhr rumänischer Zeit, die ein Stunde voraus liegt, seine heutige Etappe. 50 Kilometer hatte er sich vorgenommen – bei der geringen Strömung im Eisernen Tor ein anspruchsvolles Ziel. Die Bedingungen waren zu Beginn perfekt, es war bedeckt und es gab leichten Rückenwind. Seine rote Hose, die er gestern verloren hat, hat er heute leider nicht wieder gesehen.
Nach wenigen Kilometern triftet die Donau in südöstliche Richtung ab, diesen Verlauf nimmt sie für die nächsten rund 20 Kilometer. Kurz nach der langen Kurve verengt sich auf einige 100 Meter, um anschließend wieder etwas mehr an Breite zu gewinnen – diese ständige Veränderung der Breite ist der typische Verlauf des Eisernen Tores. Und in dieser Passage passierte es dann auch: Pascal knackte die rückläufig gezählte 1.000 Kilometermarke der Donau. Ab jetzt hat er nur noch 999 Kilometer bis zum Schwarzen Meer – dreistellig!
Danach passierte Pascal Lepenski Vir, eine Ausgrabungsstätte mit Siedlungsspuren, die bis 8.000 v. Chr. zurückreichen, und gleichzeitig ein Zeugnis darstellen, dass auch in Europa in diesen Zeiten bereits Viehzucht und Ackerbau betrieben wurden, und es somit nicht zwangsläufig von Orientgesellschaften übernommen wurde. Bei Svinita, kurz bevor die Donau wieder in nordöstliche Richtung fließt, kommen zwei Türme der Tri-Cule-Ruine zum Vorschein. Der Rest der einstigen Festung und der dritte Turm liegen heute unter Wasser.
Auf serbischer Seite befindet sich hier der Nationalpark Derdap. Es ist ein wunderschöner Gebirgspass mit Furchen, Schluchten und Klippen. In ihm leben Braunbären, Wölfe, Luchse, Goldschakale und viele Eulenarten. Gemeinsam mit dem Naturpark Eisernes Tor auf rumänischer Seite bilden sie ein riesiges Bioreservat.
Bei der Ortschaft Donji Milanovac nimmt die Donau dann eine große Kurve und zieht wieder in nordöstliche Richtung. Und ab hier wurde es für Pascal dann zäher. Ein leichter Gegenwind kam auf, der sich später zu fiesen Fallwinden entwickelte, die über Kämme und Verengungen Pascal aus verschiedenen Richtungen entgegen bliesen.
Besonders im Veliki Kazan, dem Großen Kessel, der sich über vier Kilometer erstreckt, bliesen ihm die Winde intensiv ins Gesicht. Pascal hatte zum Teil das Gefühl, er stehe auf dem Wasser. Die Donau wird hier zwischen den Felsen eingeschnürt, die Hänge an den Ufern erstrecken sich auf bis zu 600 Meter Höhe. Den Veliki Kazan, der nur 150 Meter breit, aber 90 Meter tief ist, und einen sonst imposanten und gewaltigen Anblick bietet, konnte Pascal aber nicht wirklich genießen. Es war nicht nur der Wind, der ihm zu schaffen machte. Es waren vor allem unzählige Motorboote, die, berauscht vom gegenseitigen Wettkampf, für ausgiebigen Wellengang sorgten. Pascal erinnerte die Verengung mit seinen felsigen, steilen Wänden an die Gegend von Malcesine und Riva am Gardasee. Und somit war das felsige Berg-Fluss-Panorama für Pascal eher gewohntes Terrain. Und dennoch war es für Pascal eine faszinierende Erkenntnis, wie sich das Wasser, der Strom Donau mit seiner Wucht und Gewalt hier über die Jahrtausende rund 1.000 Meter tief in den massiven Gebirgszug eingegraben hat.
Kurz vor dem Ziel weitet sich die Donau plötzlich wieder, der Golf von Dubova kommt zum Vorschein. Und hier erreichte Pascal schließlich gegen 17:30 Uhr seine heutige Unterkunft. Dubova ist eines der Tschechen-Dörfer der Gegend. Zwischen 1826 bis 1828 kamen mehrere tschechische Familien aus der Gegend um Pilsen in die Region und ließen sich nieder. Es ist ein kleiner, beschaulicher Ort, der knapp 800 Einwohner zählt und einen tollen Blick auf den Golf, das bergige, felsige Ufer auf der anderen, der serbischen Seite und die nächste Verengung, den Mali Kazan, in den Pascal morgen reinpaddeln wird, gewährt – und natürlich auf den Veliki Kazan, der ihm heute ordentlich zu schaffen machte.
Sein Fazit vom Tag: Nach dem gestrigen Ruhetag fühlte er sich heute bestens für die lange Etappe vorbereitet. Vor allem das Erreichen der 1.000 Kilometermarke gibt ihm mental viel Auftrieb. Und für morgen steht auch eine eher kurze Etappe an, sodass Pascal guter Dinge ist und sich auf die nächsten spannenden Passagen freut. In seinem Romantikhotel, das Marius für ihn organisiert hat, lässt er den Tag bei einem kühlen Bier Revue passieren – natürlich alkoholfrei, wie es sich für einen guten Sportler gehört.
Nochmal kurz zurück zur rumänischen Donau: Eine weitere Herausforderung für Pascal wird die dünnere Besiedlung in den Regionen Walachei und Moldau sein. Es folgen, mit wenigen Ausnahmen, kaum noch größere Städte. Und wenn, dann sind es meist Industriestandorte, die einen eher fatalen Einfluss auf die ökologische Situation der Donau ausüben. Touristisch ist die Gegend nur gering erschlossen, und damit wird auch die Verfügbarkeit von Unterkünften geringer. Das Abenteuer rumänische Donau wird demnächst erst so richtig für Pascal beginnen.
Morgen geht es für Pascal weiter nach Orsova, das Ende des Eisernen Tore naht. TF