Tag 8: Von Linz nach Grein – 54,6 km – 6:17 Stunden – 10.400 Paddelschläge
27.07.2017. An der Unteren Donaulände 6 in Linz, direkt neben dem heutigen Ausgangsort von Pascal, gab es eine Wohnung der Donau-Dampf-Schifffahrt. Hier verbrachte der große österreichische Schriftsteller Adalbert Stifter lange Jahre bis zu seinem Tod. Stifter war ein einfacher Mensch, der die Natur und Landschaften Österreichs und Böhmens liebte und diese auf wunderbar melancholische Weise in seinen Büchern beschrieb. Im Rhythmus des Flusses konnte er, aus dem Fenster auf die Donau schauend, seine Gedanken und sein Schreiben fließen lassen. Auch Pascal begibt sich in den Rhythmus der Donau, wie bei Stifter geht es auch für ihn auf seiner Reise um Einfachheit, Gedanken fließen lassen und die innere Einkehr.
Pünktlich um 9:00 Uhr und ohne Regen begab er sich auf den Weg in Richtung Grein. Zunächst die österreichischen Schiffswerften passierend, ging es für Pascal kilometerlang durch den industriellen Speckgürtel von Linz – hier konnte es für Pascal nur eine Devise geben: schnellstmöglich hinter sich lassen.
Pascal kam heute die gute Strömung entgegen, mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 20km/h sauste Pascal dem Tagesziel entgegen. Durch den hohen Wasserstand waren die Schleusen von Abwinden-Asten und Wallsee geöffnet, die Strömung behielt dadurch ihre Geschwindigkeit. Für Pascal bedeutete dies erhöhte Aufmerksamkeit: Treibholz, Strudel und Wirbel machten ihm auf der Strecke zu schaffen. Pascal sagte, er fühle sich wie die Tölzer Flößer, die sich früher in fünf bis sieben Tagen bis nach Wien treiben ließen. Zu den Flößern gibt es einen sehenswerten Dokumentarfilm: Fahr ma obi am Wasser.
Im weiteren Verlauf traf Pascal auf die Mündungen von Traun und Enns. Aus den Alpen kommend, gesellen sie sich zur Donau und spenden nochmal viel Wasser. Besonders die Strudel und Klippen oberhalb der Ennsmündung verursachten große Schweißperlen auf den Stirnen der Schiffskapitäne. Durch Regulierungsmaßnahmen ist davon heute nichts mehr zu spüren.
Gegenüber der Ennsmündung passierte Pascal einen Ort, der als Symbol für „die braune Donau“ gilt: Das Konzentrationslager von Mauthausen. Die Häftlinge mussten in den Granitsteinbrüchen der Umgebung unmenschliche Zwangsarbeit leisten, über 100.000 Menschen kamen hier ums Leben – eine Passage, die sehr nachdenklich macht.
Auf dem weiteren Weg paddelte Pascal durch das Machland mit seinen fruchtbaren Niederungen, an denen sich einst die Kelten niederließen. Der Name Donau geht auf sie zurück. Unter „Dan“ versteht sich „großer Fluss“, als „Danubius“ wurde er dann an die Römer weitergegeben. Der komplette Donauraum war damals in der Hand von keltischen Zivilisationen. Viele wichtige Donaustädte, wie Regensburg, Passau, Wien, Budapest, Bratislava und Belgrad, haben ihren Ursprung und Namen aus der keltischen Zeit.
Bei einer Pause in Wallsee unterhielt sich Pascal mit einem holländischen Paar, das ihn schon in Passau gesehen hatte. In den Unterkünften trifft er immer wieder auf Leute, die er schon mehrmals auf seiner Reise getroffen hat. Zumeist sind es Radler, die ihren Urlaub an der Donau verbringen.
Nach knapp 55 Kilometern (der bisher längste Tagesabschnitt, für den Pascal heute nur fünf Stunden Nettopaddelzeit benötigte) erreichte Pascal gegen 15:30 Uhr endlich Grein. Mit seinem nostalgischen Charme wird es nicht umsonst als „Goldenes Städtchen“ oder „Perle des Strudengaus“ bezeichnet. Viele Schiffe gingen hier vor Anker – nicht nur um Handel zu treiben, sondern auch um Lotsen aufzunehmen, die den besten Kurs durch die noch kommenden Gefahrenstellen kannten. Pascal genießt im Café Schörgi bei heißer Schokolade und Marillenkuchen den Ausblick auf die Donau und die sanfte Hügellandschaft rund um Grein.
Adalbert Stifter hätte Pascals Vorhaben mit dem täglichen Rhythmus der Donau, der Einsamkeit und der Einfachheit sicher gefallen. Er selber verlor seine Glückseligkeit, nachdem sich seine Adoptivtochter in den Wellen der Donau ertränkte. 1886, von schwerer Krankheit gekennzeichnet, nahm er sein Rasiermesser und öffnete sich die Halsschlagader. Nietzsche meinte, neben Goethes Literatur ist Stifters Der Nachsommer ein Buch, das man wieder und wieder lesen sollte – vielleicht die passende Lektüre für den Sommerurlaub.
Morgen geht es für Pascal weiter nach Melk, am Rande der Wachau. Mit dem Greiner Strudel passiert er dabei ein legendäres Flussstück. TF